Ola Stenumgaard

Von der Skisprungschanze in die Maschinenfabrik

Der Norweger Ola Stenumgaard ist Auszubildender bei der BvL Maschinenfabrik in Emsbüren. Was er im Emsland vor allem vermisst: seine Freunde und den Schnee.

Es scheint zunächst kaum besonders, dass Ola Stenumgaard eine Ausbildung zum Mechatroniker bei der BvL Maschinenfabrik in Emsbüren macht. Doch für Ola bedeutet der berufliche Weg, den er im Sommer 2019 eingeschlagen hat, einen großen Umbruch. Denn der 20-Jährige hat dafür seine Heimat im rund 1500 km entfernten Norwegen verlassen. Ola wächst zusammen mit einem Bruder und einer Schwester in der Nähe der Olympia-Stadt Lillehammer auf. Als begabter Skispringer macht er den Schulabschluss an einer Sportschule. Er kommt sogar unter die Top 50 der Skispringer in Norwegen. Doch mit dem Schulabschluss kommt auch die Entscheidung, wie es sportlich und beruflich weitergehen soll. „Ich hatte keine Ahnung, was ich wirklich machen wollte“, blickt Ola auf diese Phase seines Lebens zurück.

Von der Skisprungschanze in die Maschinenfabrik

Da Ola letztendlich keine Profi-Sportler-Karriere anstrebt und sich neben dem Sport vor allem für Technik und Handwerk interessiert, schlägt sein Vater ein Praktikum in der Landtechnik vor. Dort kennt der sich aus. Denn als Service-Leiter bei einem großen Fütterungstechnikhändler in Skandinavien, Fjøssystemer, kommt Erik Stenumgaard viel herum – auch in Deutschland. So ist schnell die BvL Maschinenfabrik in Emsbüren als mögliches Ziel im Gespräch am Familientisch der Stenumgaards.

Sprung ins kalte Wasser des Emslandes

Nach ersten Kontakten per Telefon reist Ola mit seinem Vater erstmals im Juni 2019 nach Deutschland, genauer gesagt, nach Emsbüren. Doch es bleibt nicht dabei, in einem überschaubaren Praktikum die Landmaschinentechnik näher kennenzulernen. Bernard van Lengerich schlägt ihm direkt vor, eine „richtige“ Ausbildung im Emsland zu machen. Und er willigt sofort ein. So startet Ola wenig später, Anfang August 2019, zusammen mit mehreren „einheimischen“ Auszubildenden seine Ausbildung zum Mechatroniker in dem emsländischen Familienunternehmen.

Dieser Schritt war in vielerlei Hinsicht ein Sprung ins kalte Wasser. Deutsch kannte Ola aus dem Schulunterricht – allerding nur bruchstückhaft. „Dadurch, dass ich nun täglich deutsch höre und reden muss, habe ich schnell dazugelernt. Außerdem haben die Kollegen, insbesondere mein Ausbilder, immer wieder viel erklärt. Und auch die Lehrer in der Berufsschule helfen mir, wenn nötig“, erklärt er nun am Ende seines ersten Ausbildungsjahres in nahezu einwandfreiem Deutsch.

Ins kalte Wasser springt Ola aber auch in Sachen Bekanntschaften und Wohnung. Denn vor Ort kennt Ola anfangs niemanden und kommt zunächst in einer Ferienwohnung in dem für ihn fremden Land und Ort unter. Er fühlt sich aber schnell gut aufgenommen. Dazu trägt sicherlich auch seine offene Art bei. Nach kurzer Zeit in Emsbüren findet Ola schnell ein WG-Zimmer in einer Wohnung mit zwei weiteren jungen Männern, einer davon ebenfalls Auszubildender bei BvL. Außerdem kommt er über einen Arbeitskollegen zu einer für ihn neuen, im Emsland aber etablierten Sportart: dem Fußball. So ist er nun voll integriert in der 5. Mannschaft des SV Concordia Emsbüren. Mit seinen Geschwistern war er sogar – vor Corona – als Zuschauer eines Fußball-Bundesliga-Spiels in der Arena auf Schalke. Ein einmaliges Highlight für den Skandinavier.

Spaß bei der Arbeit - vor allem an der Endmontage der Maschinen

Überhaupt unternimmt Ola viel und gerne etwas von seinem aktuellen Wohnsitz aus, erkundet die Region und mehr. „Es ist sehr praktisch, dass es hier einen Bahnhof gibt und man schnell in größere Städte kommt“, sieht er einen klaren Vorteil gegenüber seiner sehr weitläufigen nordischen Heimat. Auch die nahen Autobahnanschlüsse kommen Ola sehr gelegen. Denn er hat sich vor Kurzem in Deutschland ein eigenes Auto gekauft. Damit ist er vor wenigen Wochen auch erstmals seit Weihnachten wieder nach Norwegen gefahren. Mit dem Flugzeug wäre es aufgrund der aktuellen Umstände ohnehin schwierig geworden. Die Einschränkungen der Corona-Pandemie haben schon dafür gesorgt, dass ein geplanter Besuch zu Ostern ausfallen musste. Sorgen hatte er in der ganzen Zeit allerdings nie. Auch seine Eltern waren sicher, dass es ihrem Sohn in Deutschland gut geht. „ Nur meine Oma, die hatte ein bisschen Angst um mich“, erzählt er mit einem Schmunzeln.

Die Familie, das merkt man, ist Ola sehr wichtig. Oft telefonieren oder schreiben sie, wie er erzählt. Aber auch seine Freunde und besonders seine Freundin in Norwegen vermisst er sehr. Ein Treffen mit ihnen gehört zu den ersten Dingen, die er macht, wenn er nach Hause kommt.

Dennoch hat Ola bisher nie bereut, dass er ins Emsland gekommen ist. „Ich bin Bernard van Lengerich sehr dankbar für diese Chance. Ich fühle mich sehr willkommen und habe hier echt Spaß mit den Leuten und bei der Arbeit“, betont er. Eine vergleichbare Ausbildung in Norwegen hätte länger gedauert und wäre anders strukturiert gewesen. „Am Anfang hätte ich zwei Jahre nur Theorie gehabt, dann erst Praxis im Betrieb. Ich finde es viel besser, dass ich hier in Deutschland beides sofort im Wechsel kennenlerne“, erklärt er. Im ersten Ausbildungsjahr besucht Ola an zwei Tagen pro Woche die Berufsschule in Nordhorn, ab dem zweiten Jahr einmal pro Woche.

Am meisten Spaß macht ihm allerdings die Praxis, insbesondere die Tätigkeiten in der Endmontage bei der BvL Maschinenfabrik: „Da sehe ich, wie am Ende alles zusammenkommt und funktioniert, vor allem bei komplexen Maschinen wie dem selbstfahrenden Futtermischwagen.“

Sprachkenntnisse für die berufliche Zukunft nutzen

Komplexe technische Zusammenhänge verstehen, genau darum geht es in der Ausbildung zum Mechatroniker. Dabei weiß Ola zu schätzen, dass er in der Maschinenfabrik viel lernen kann. Noch ist seine Ausbildung in den Anfängen, aber schon jetzt kann sich Ola vorstellen, auch danach eine zeitlang in Deutschland oder überhaupt im Ausland zu arbeiten, zum Beispiel im Maschinen-Service. Dort kann er auch seine vielseitige Spracherfahrung nutzen. „Ich hab das Gefühl, das würde gut zu mir passen. Erstens kann ich so auch nach der Ausbildung noch viel Erfahrung in der Praxis sammeln und zweitens, weil ich in verschiedenen Sprachen kommunizieren kann, ob Deutsch, Englisch oder natürlich in den nordischen Sprachen“, ist er sich sicher.

Klingt nach Fernweh, könnte man meinen - aber bei Ola besteht auch der Wunsch nach gefühlter Heimatnähe: „Ich weiß, von hier aus komme ich immer gut nach Norwegen zurück, das beruhigt mich“, betont der junge Norweger. Und so fährt Ola regelmäßig zur Urlaubszeit und an Feiertagen in seine Heimat. Zum einen wegen Freunden und Familie, zum anderen wegen einer Sache, die Norddeutschland in jüngster Zeit nun wirklich kaum zu bieten hat: einer ordentlichen Portion Schnee!